Publié le 21. novembre 2023

Alligatoah: Karriereende wie angekündigt?

Am Montagabend spielte Alligatoah in Köln in der LANXESS Arena das letzte Konzert seiner «RETOUR»-Tour. Und beendete anscheinend seine Karriere. Das hatte er bereits in dem Lied angekündigt, das er als letzte Zugabe spielte: das «Trauerfeierlied». Was ist dran an diesem spektakulären Abschied?

Journalist
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Vor zehn Jahren veröffentlichte der deutsche Rapper, Sänger und Entertainer Alligatoah das «Trauerfeierlied». Eine klassische Alligatoah-Nummer: Irgendwo auf halber Strecke zwischen Rap und Liedermachertum malt er sich darin seine eigene Beerdigung aus. T-Shirts und Tassen werde es geben, alle weinen, man sieht maskuline Fotos von ihm, alle Plätze besetzt. Natürlich. Das Video dazu zeigt dann, wie es «wirklich» wird: Eine Handvoll Gäste, die Shirts ein schlechter Witz, den keiner kauft, der Pfarrer zockt nebenbei ein Handygame und alle langweilen sich. Interessant war aber schon damals die Grabes-Inschrift. Dort stehen neben dem selbstgefälligen Lebensfazit «Gern geschehen» die Jahreszahlen: 1989 bis 2023. Im Song heisst es: «Ihr schafft den Rest allein / Wem ist heute keine Träne in die Hände geflossen? / Ihr schafft den Rest allein / Der ist ein schlechter Mensch und wird von Engeln erschossen / Ihr schafft den Rest allein / Doch es wird alles wieder gut / Ihr schafft den Rest allein / Denn ihr hört dieses Lied im Loop und meine letzten Worte, / Bevor ich zu den Sternen schweb' / Gern geschehen.»

(Aller-) Letztes Konzert in Köln

Am Montagabend spielte Alligatoah die letzte Show im Rahmen seiner «RETOUR»-Tour in der LANXESS Arena in Köln. Vor dem letzten Song, dem «Trauerfeierlied», hielt er eine kleine Ansprache, in der er anscheinend das Ende seiner Karriere verkündet. Was kein kleiner Schritt wäre nach zehn erfolgreichen Soloalben, mehrmaligen Nummer-Eins-Platzierung in den deutschen Albumcharts, nach Gold-, Platin- und sogar Diamantauszeichnungen, Hits wie »Willst du«, »Du bist schön« oder »Monet«, grossen Festivalgigs wie hierzulande auf dem Spex Festival in Bern und drei Millionen monatlichen Hörer:innen allein auf Spotify.

Alle Socials inaktiv, die Website auch off

Der vermeintliche Abschied war allerdings würdig: Für das «Trauerfeierlied» kam ein kleines Streicher-Ensemble auf die Bühne, der Chor der rund 16.000 Fans in der Arena war textsicher von Anfang bis Ende, seine Band salutierte und nach dem letzten Akkord wurde ein Banner heruntergelassen mit den Worten «Gern geschehen» und den Jahreszahlen 1983 bis 2023 – wie einst im originalen Video. Kurz darauf war Alligatoahs Website nicht mehr erreichbar und auch die Socials wurden deaktiviert. Was es aber recht zeitnah gab: die Streicher-Version vom «Trauerfeierlied» auf allen Streamingplattformen.

Promo-Aktion oder wirklicher Abschied?

Nun rätseln Fans und Musikmedien, was von dieser Nummer zu halten ist. Ist das besonders gelungene Promo oder ein wirklicher Abschied? Lukas Strobel, so Alligatoahs bürgerlicher Name, ist zweifelsohne beides zuzutrauen. Er spielte schon immer gerne mit den Erwartungen seines Publikums. Da wäre es also gar nicht so abwegig, dass er diesen schon vor zehn Jahren vorgelegten Gag noch kurz vor Ende des Jahres mit der perfekten Pointe zum Abschluss bringt – um dann gut erholt nach zwei Jahren mit einem Themenalbum über Wiederauferstehung zurückzukehren. Andererseits war Lukas Strobel schon immer mehr als Alligatoah. Wer ihn am Rande eines Interviews erlebte, traf einen reflektierten, in sich ruhenden, freundlichen Typen, der manchmal so gar nicht zur Rampensau passte, die er auf den Konzerten gab.

Comeback unter anderem Namen?

Lukas Strobel ist ausserdem nicht nur Sänger und Rapper sondern auch Gitarrist, Produzent, Komponist, Songwriter – und er flirtete in seiner Karriere immer gerne mit der Schauspielerei. Selbst Alligatoah war anfangs ein fiktives Rap-Duo, in dem Strobel zugleich den Rapper Kaliba 69 und den Produzenten DJ Deagle spielte. Es gäbe also genug Aufgabenbereiche, die er noch unter einem anderen Namen vertiefen könnte. Und dann ist da noch seine oft kommunizierte und ausgelebte Liebe zum Metal und zu härteren Tönen. Auch hier könnte er sich neu erfinden. Deswegen vermuten wir eher das: Lukas Strobel zieht sich eine Weile zurück und kommt dann irgendwann mit neuem Sound und neuem Namen zurück. Das hätte für ihn vielleicht auch den Vorteil, dass man einige Songs und Aktionen nicht mehr direkt mit seiner Karriere assoziieren würde. Denn, sagen wir so: Einige Kapitel, wie zum Beispiel das «Ab 18»-Konzert von ihm mit seiner Trailerpark-Crew, sind im Rückblick gar nicht mal so gut gealtert. Aber das weiss er selbst wohl auch. Deshalb: Danke für deine Songs, Alligatoah! Und: Komm bald wieder, Lukas!

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