Veröffentlicht am 29. Juni 2022

Nacht&Leben – Verliere den Drink nie aus den Augen!

Alex Flach kennt die Schweizer Clubszene wie kein Zweiter. In seiner Kolumne geht er diese Woche auf das Phänomen «Spiking» ein.

Alex Flach

Alex Flach ist seit 25 Jahren Teil des Nachtlebens und hat 10 Jahre lang im Tages Anzeiger über selbiges geschrieben. Er ist Chefredaktor des Barkeeper-Magazins DRINKS Schweiz und Kommunikations-Verantwortlicher für diverse Clubs und Kulturbetriebe. Für Starzone nimmt er sich in der Kolumne Nacht&Leben das Geschehen hinter Club- und Bartüren zur Brust. (Foto: Dejana Gfeller)

Alle Beiträge von Alex Flach
Alex Flach ist Zürcher Cluboriginal und Sprecher verschiedener Locations.

Das Nachtleben ist ein Spiegel der Gesellschaft, auch wenn das eigene Ausgehverhalten einen anderen Anschein vermittelt: Man verkehrt in seiner Bubble und in Clubs, die den eigenen musikalischen Vorlieben entsprechen. Dabei bietet das Nachtleben in grösseren Städten wie Basel, Bern, Genf, Lausanne oder Zürich für jeden Gusto das Passende, von edel bis Underground, von elektronisch bis urban und selbst wenn man sich vorzugsweise mit Schlager oder Eurodance zudröhnt, wird man fündig.

‘Ein Spiegel der Gesellschaft’ zu sein bedeutet aber auch, dass der prozentuale Anteil an Arschlöchern ebenfalls circa gleich hoch ist wie in der Bevölkerung, befeuert durch Drogen und Alkohol bisweilen wohl gar höher. Und diese Arschlöcher lassen sich leider immer wieder mal was Neues einfallen, um allen anderen die Party zu verderben oder zumindest zu erschweren: Stinkbomben- und Tränengasattacken, Schlägereien, sexuelle Belästigungen, rumkrakeelen vor dem Club bis die Nachbarn die Polizei rufen, etc., etc.

«Es ist also wohl leider nur eine Frage der Zeit, bis auch in der Deutschschweiz ein verkommener Geist ‘Pionierarbeit’ leistet.»

Alex Flach

Die ungekrönten Könige (und weitaus seltener Königinnen) der Arschlöcher sind jene, die anderen gegen ihren Willen und ohne ihr Wissen psychoaktive Substanzen verabreichen. Das nennt man Spiking und das ist der Grund, dass dringend empfohlen wird, in der Bar oder im Club den Drink nie aus den Augen zu und sich von Fremden nichts spendieren zu lassen.

Vergangenes Jahr ist in England eine neue Variante dieser Schweinerei charakterloser Subjekte aufgetaucht, das Needle Spiking. Dabei wird dem Opfer die Substanz mit einer Spritze verabreicht: Anschleichen, ein Pieks in den Hintern und sich dann feige in der Menge verstecken und dann warten, bis die Substanz wirkt. Innerhalb eines Jahres ist es in Belgien, Holland und vor allem Frankreich zu Verdachtsfällen gekommen und auch in der Romandie und in Deutschland tauchten kürzlich die ersten Berichte zu Needle Spiking auf. Es ist also wohl leider nur eine Frage der Zeit, bis auch in der Deutschschweiz ein verkommener Geist ‘Pionierarbeit’ leistet.

Im Club: Drinks nie unbeaufsichtigt lassen!
Im Club: Drinks nie unbeaufsichtigt lassen!

Wie reagieren bei Needle oder Drink Spiking Verdachtsfällen?

  • Verdachtsfälle immer ernst nehmen, der betroffenen Person Unterstützung anbieten.
  • Bei einem akuten medizinischen Problem, Sanität avisieren, sonst darauf achten, dass die betroffene Person sicher nach Hause kommen, Taxi rufen und/oder von persönlichen Freundinnen nach Hause begleiten lassen (lasst euch den Namen und die Kontaktinformation dieser Begleitperson geben).
  • Der betroffenen Person empfehlen zeitnah einen Arzt zu besuchen, damit dieser die nötigen Asservate (Blut- und Urinprobe) gewinnen kann, dabei muss auch die Injektionsstelle untersucht (frisch/alt, Hämatombildung, Rötung, Schwellung, Hauteinrisse) und fotografisch dokumentiert werden.
  • Falls das Blut oder die Urinprobe analysiert werden soll, dann muss das Opfer Anzeige gegen unbekannt erstatten. Nur dann kommt es zu einer Analyse in einem rechtsmedizinischen Institut und nur diese verfügen über eine dementsprechende Expertise.

Wichtiger Hinweis: schon allein die Verletzung der Körperhülle mit einer Spritze (auch ohne Einbringung eines Wirkstoffs) stellt juristisch eine Körperverletzung dar und kann somit zur Anzeige gebracht werden.

Traurig genug, dass man sich mit sowas befassen muss. Noch trauriger, dass sowas ein paar wenigen Perverslingen tatsächlich Vergnügen zu bereiten scheint.

Gefällt dir der Artikel?