Veröffentlicht am 17. Mai 2023

Suzanne Vega & die Magie der Momente

Als alle Party machten, erzählte sie Geschichten. Und auch wenn diese manchmal nur schwer zu verdauen sind, feierte Suzanne Vega damit Welterfolg. Jetzt kommt die grosse Storytellerin des 80s Pops ins Zürcher X-TRA.

Journalist

In ihrer 40-jährigen Karriere war Suzanne Vega oft einen Schritt voraus. Doch zunächst sass sie im Cornelia Street Café und trug ihre Lieder vor. New Wave und Post Punk bestimmten in den frühen 1980ern den Soundtrack von Suzannes Heimatstadt New York. Doch insbesondere im geschichtsträchtigen Greenwich-Village-Quartier blühte mal wieder eine kleine, lebhafte Folkszene auf. Zwanzig Jahre zuvor zupfte sich Bob Dylan hier zur stilbildenden Ikone. Phil Ochs, Joni Mitchell und Simon & Garfunkel folgten ihm.

Ein guter Folksong braucht wenige Instrumente, aber ganz viel Wahrhaftigkeit. Geschichten, direkt aus einem Leben gepflückt und in musikalischer Form wieder in ein anderes, unseres gepflanzt. Diese Tradition trug auch Suzanne Vega gekonnt fort und wurde schon bald von einem grossen Label unter Vertrag genommen. 1985 erschien ihr Debütalbum und mit der Single “Marlene on the Wall” wurde die Sängerin offiziell Teil der MTV-Generation.

Der nachfolgende LP-Release “Solitude Standing” im Jahr 1987 enthielt jene zwei Songs, die das grossartige Talent der Künstlerin auf den Punkt bringen und sie endgültig zur Stimme des Achtziger Folk-Revivals machten. Der Opener “Tom’s Diner” (eine Hommage an jenes beliebte Studenten-Café, das wenige Jahre später als Aussenlocation in der Sitcom “Seinfeld” Weltberühmtheit erlangte) ist ein eingängiger A-Capella-Vortrag, dessen Lyrics eine Welt vor dem inneren Auge erschaffen, als lese man ein Buch, das man kaum weglegen möchte.

In die Charts statt in den Gerichtssaal

Zunächst feierte der Song eher bescheidenen Erfolg als Single. Jahre später verwendete das englische R&B-Duo DNA Suzannes Vocals für einen unauthorisierten Remix. Statt die Sache vor Gericht auszutragen, kaufte Vegas Label den Song, veröffentlichte ihn offiziell und bescherte der Sängerin damit einen globalen Charterfolg. Auch eine Coverversion der deutschen Bands AnnenMayKantereit und Giant Rooks aus dem Jahr 2019 hauchte jenem Song neues Leben ein, an dem einst die Technik für MP3-Files getestet wurde. Noch heute wird Suzanne Vega deshalb als die “Mutter der MP3s” bezeichnet.

Die zweite Single “Luka” handelt von Kindsmissbrauch, eindringlich beschrieben aus Perspektive der jungen Person. In den von horny-hedonistischen Dancetracks und schmachtenden Lovesongs dominierten Pop-Charts jener Zeit sorgte der Release für Aufsehen und -horchen, kletterte gleichzeitig bis Platz 3 der Billboard Charts.

Demnächst live in Zürich

Die sensible Sängerin im Cornelia Street Café war endgültig zum Weltstar geworden. 1989 spielte sie als erster weiblicher Headliner beim Glastonbury Festival. Den Gig musste Suzanne Vega jedoch mit einer kugelsicheren Weste spielen: Zuvor hatte ein besessener Fan des Bassisten mit Todesdrohungen die Polizei in Aufregung versetzt. 2006 schrieb sie erneut mit einer Performance Geschichte: Ausgerechnet die Folk-Traditionalistin spielte als erster namhafter Act ein virtuelles Konzert in “Second Life”, dem Metaverse seiner Zeit.

Wer Suzanne Vega demnächst live erleben möchte, braucht dazu das Modem nicht anwerfen. So richtig in Person spielt die Amerikanerin am 16. Juli im Zürcher X-TRA. Weitere Infos und Tickets gibt es hier.

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