Veröffentlicht am 29. September 2022

Rammstein führt gegen Viagogo mit zwei zu null

Bereits zum zweiten Mal hat die Band Rammstein in Deutschland eine einstweilige Verfügung gegen die Viagogo AG erlassen. Die Berliner kämpfen damit aktiv gegen die Auswüchse des sogenannten Ticketzweitmarktes. Offizieller Ticketpartner in der Schweiz ist nur Ticketcorner.

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Rammstein

Wer auch nur einmal in die Untiefen des Ticketzweitmarktes gestiegen ist, weiss wie es dort zugehen kann. Shows, die regulär 120 Euro kosten, finden sich bei Plattformen wie Viagogo oft schon an Tag Eins zu Preisen, die von 200 bis 2000 Euro reichen. Das Problem: Oft sind es Tickets für genau jene Shows, die innerhalb kurzer Zeit ausverkauft und dementsprechend heiss begehrt sind. Da Viagogo ein formidables bzw. kostenintensives Online-Marketing fährt, sind diese Angebote bei Google oft sogar noch vor den offiziellen Anbietern gelistet. Wir wollen dieses Angebot nicht komplett verteufeln, aber Fakt ist, dass gerade bei Shows von Acts wie Ed Sheeran oder Dua Lipa oder eben Rammstein oft verzweifelte Fans für viel Geld Tickets kaufen und dann, teilweise erst am Stadion oder der Arena, erfahren, dass ihr digitales Ticket keine Gültigkeit hat. Damit genau das nicht (wie in der Vergangenheit oft) bei Rammstein-Konzerten passiert, sind die Berliner bereits zum zweiten Mal gegen die Viagogo AG vor Gericht gezogen.

Läuft vermutlich gerade sehr laut in der Zentrale der Viagogo AG ...

Nur eine Ticketbörse? Jein.

Was man dazu wissen muss: Die bei uns in der Schweiz ansässige Firma Viagogo AG ist offiziell nur eine Ticketbörse, wo sich Käufer:innen und Verkäufer:innen treffen können, um einen Kaufvertrag abzuschliessen. Letztere bleiben dabei anonym. Auf eine Anfrage der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» im Jahr 2020 schrieb Viagogo: «Wir begrüssen alle Arten von Ticketverkäufern auf unserer Plattform. Wir glauben, dass es denjenigen, die berechtigt sind, Tickets zu kaufen, oder die bereits Tickets erhalten haben, freistehen sollte, an andere Fans weiterzuverkaufen. Die Mehrheit der Verkäufer auf Viagogo sind Einzelpersonen, die eine kleine Anzahl von Tickets verkaufen.» 93 Prozent der Verkäufer in Deutschland 2019 weniger als zehnmal Tickets über die Plattform verkauft, 95 Prozent aus dieser Gruppe weniger als fünfmal, schrieb das Unternehmen. Viele Verbraucherzentralen vermuten allerdings professionelle Händler:innen, die mit Bots oder mit Hilfskräften Konzerte sozusagen erst leerkaufen, um dann ein gutes Geschäft zu machen. 2019 entlarvten britische Behörden mehrere professionelle Händer:innen, die diese Masche bei der Tour von Ed Sheeran und Taylor Swift angewendet hat. Sogar Haftstrafen wurden dabei verhängt. Das Kerngeschäft ist also im Grunde völlig legal. Was die Sache allerdings problematisch macht: Die Website von Viagogo sieht im Grunde aus wie ein ganz normaler Ticketanbieter aus. Bis zu dem Moment, wo man zum Kaufprozess eines – sagen wir Coldplay VIP-Tickets für 1600 Franken – weitergeleitet wird, steht nirgendwo klar ersichtlich, dass man sich hier auf einem Zweitmarkt befindet und damit Risiken eingeht, die offizielle Anbieter nicht haben.

«Käufer erkennen häufig nicht, dass sie ihre Tickets nicht beim Veranstalter, sondern auf dem Ticketzweitmarkt erwerben.»

Rammstein haben sich in diesem Fall an das Landgericht Hamburg gewendet, das eine einstweilige Verfügung gegen die Viagogo AG erlassen hat. Demnach darf die Viagogo AG nicht mehr wie bisher den Kauf von Tickets für die Rammstein-Konzerte 2023 ermöglichen. Begründet wird die einstweilige Verfügung insbesondere mit den im Mai 2022 in der EU neu in Kraft getretenen Verbraucherschutz-Vorschriften. Mit der Entscheidung bestätigt das Gericht die Auffassung von Rammstein und MCT, dem Tourpromoter der europäischen Shows, dass die Viagogo AG gleich in mehrfacher Hinsicht gegen die neuen Verbraucherschutz-Vorschriften verstösst.

Rechtsanwalt Sebastian Ott, LICHTE Rechtsanwälte, sagt hierzu in einer Pressemitteilung von MCT: «Käufer erkennen häufig nicht, dass sie ihre Tickets nicht beim Veranstalter, sondern auf dem Ticketzweitmarkt erwerben. Der Gesetzgeber hat diesen Missstand erkannt und gehandelt. Wir freuen uns, dass das Landgericht Hamburg unsere Auffassung teilt und Verstösse gegen das neue Recht konsequent untersagt.»

Ticketcorner und fanSALE sind die einzigen autorisierten Anlaufstellen

Was das für die Fans bedeutet: Vor allem, dass in Europa Eventim, also bei uns in der Schweiz Ticketcorner der einzig autorisierte Händler ist. Die Tickets werden zudem nur personalisiert verkauft. Die zwei Schweiz-Shows im Stadion Wankdorf in Bern sind allerdings schon ausverkauft. Da es natürlich trotzdem völlig legitim ist, seine Tickets verkaufen zu wollen, wenn man es doch nicht zu einem Konzert schafft, bietet auch Ticketcorner eine eigene Zweitmarktplattform an, nämlich fanSALE. Hier kann man schauen und hoffen, ob in Sachen Rammstein doch noch was geht.

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