Veröffentlicht am 05. Juli 2022

Nacht&Leben – Fröleins an den Herd

Alex Flach kennt die Schweizer Clubszene wie kein Zweiter. In seiner Kolumne fokussiert er diese Woche den Branchenverband GastroSuisse.

Alex Flach

Alex Flach ist seit 25 Jahren Teil des Nachtlebens und hat 10 Jahre lang im Tages Anzeiger über selbiges geschrieben. Er ist Chefredaktor des Barkeeper-Magazins DRINKS Schweiz und Kommunikations-Verantwortlicher für diverse Clubs und Kulturbetriebe. Für Starzone nimmt er sich in der Kolumne Nacht&Leben das Geschehen hinter Club- und Bartüren zur Brust. (Foto: Dejana Gfeller)

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Alex Flach ist Zürcher Cluboriginal und Sprecher verschiedener Locations.

Die Schweizer Gastronomie und mit ihr auch das Nachtleben ächzen seit Ende aller Pandemie-Massnahmen unter einem akuten Personalmangel. Ob im Service, in der Küche, hinter der Bar oder an der Garderobe: Während der Krise haben sich sehr viele Gastro- und Nightlife-MitarbeiterInnen beruflich neu orientiert, weil ihnen nichts anderes übrigblieb und die kehren nun nicht mehr in ihre ehemaligen Berufe zurück. Selbst Joel Meier, der Präsident des Street Parade-Komitees, der seinen Anlass im August erstmals seit drei Jahren wieder durchführen kann, ringt in diesen Tagen händeringend um Personal für sein Tanzmusik-Happening mit LKWs.

Da kann der Verband GastroSuisse natürlich nicht untätig zusehen und Däumchen drehen. Auch weil er was wiedergutzumachen hat: Der Verbandspräsident Casimir Platzer hat sich während der Pandemie allzu oft als Massnahmengegner profiliert, der das Reden doch lieber Leuten überlassen hätte, die sich mit Viren und Epidemien auskennen, was er ohne jeden Zweifel so ganz und gar nicht tut.

Jedenfalls… diese Massnahmen wurden bei GastroSuisse ins Auge gefasst:  

1.     Förderung des Branchen- und Berufsimages

2.     Gezielte Unternehmerschulung auf den Themen Führung und Wertschätzung

3.     Sicherstellen des beruflichen Nachwuchses

4.     Nachqualifizierung von Branchen-Quereinsteigern

5.     Attraktivitätssteigerung bei den Anstellungsbedingungen

So weit, so gut. Aber dann hat Tele Züri bei GastroSuisse für ein Interview zum Thema ‘Personalmangel in der Gastronomie’ angeklopft und umgehend glitten dem Verband wieder die Zügel aus der Hand, denn dort befand man es für eine gute Idee Bruno Lustenberger, den Ausbildungs-Chef, in dieses Live-Interview zu entsenden und der hat dort dann folgende Sätze vom Stapel laufen lassen:

"Manch eine Hausfrau kann zu Hause schlecht kochen oder mehr schlecht als recht. Wenn aber ein junges Frölein(!) Koch gelernt hat, kann sie wenigstens zu Hause etwas kochen. Und wenn die Kinder aus dem Haus sind, kann sie wieder in den Beruf zurückkehren". Übersetzt: Frauen zurück an den Herd.

«Nun ist es aber höchste Zeit.»

Alex Flach

Wenn GastroSuisse damit nicht einmal mehr die ganze Branche diskreditieren würde, man hätte laut gelacht. Selbstverständlich: Der Verband hat sich für die Aussagen ihres Ausbildungs-Chefs entschuldigt. Aber müsste sich eigentlich nicht die Branche für ihren Verband entschuldigen, klarstellen, dass das Gros der Clubs, Bars und Restaurants die antiquierten Ansichten ihrer Verbands-Kader nicht teilen und, dass man dafür sorgen wird, dass man da mal aufräumt?

An der Zeit dafür war es schon vor Lustenbergers denkwürdigem Auftritt bei Tele Züri und zwar wegen Platzers unsäglichem Auftreten wegen der Pandemie. Nun aber ist es höchste Zeit, denn immer mehr Gastrobetriebe kündigen ihre Verbandsmitgliedschaft.

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